Wo Leute aus aller Welt ihren Urlaub verbringen, da sind wir zu Hause. Im badischen Rheintal, zwischen Baden-Baden und
Straßburg gelegen, am Fuße des höchsten Berges des Nordschwarzwaldes, der Hornisgrinde. Keine 10 Kilometer wohnen
wir in Ottersweier, Unzhurst-Zell und Gamshurst voneinander entfernt.
Der erste und wichtigste im Bunde: Willy Denu. Wer kennt ihn nicht. In der Lanz Bulldog Szene Innbegriff und „LANZ-er“ der
ersten Stunde. Sein roter Eilbulldog ziert den Einband von Kurt Häfners Buch „Lanz von 1928 bis 1942“, sein Natobulldog ist
in Ernst Heinels Buch „Lanz Glühkopfbulldogs - eine Anleitung zur Instandsetzung“ abgebildet. Mit seinem originalen D 3506
ist er leider nur selten auf unseren Straßen zu sehen, während ein zweiter 3506, den er schon im Jahr 1980 aus Bayern
geholt hat, als beste Restaurationsgrundlage fast unbeachtet in einer großen Fabrikationshalle steht, denn Willy Denu war einst Schuhfabrikant. In eben dieser Halle stehen sie allesamt aufgereiht, von seiner Frau Elfriede sauber herausgeputzt.
Keine Beule, kein Kratzer, ja nicht einmal ein Staubkörnchen ist zu sehen,
sogar die Reifen sind geschwärzt. Eine einzige, schmucke Augenweide und
Treffpunkt für Lanzliebhaber aus ganz Deutschland. Für uns, von denen später
noch die Rede sein wird, ist er Vorbild, Ratgeber und in seiner Vitalität bewun-
dernswerter väterlicher, charaktervoller Freund. Keine Typenbezeichnung, keine
Farbnummer, keine Felgen- oder Reifengröße, kein Ausstattungsdetail, aber
auch keine Händleradresse, kein Restaurationsbetrieb, kein geheim gehaltenes
Ersatzteillager, keine in der Szene bedeutende Persönlichkeit, die er nicht
kennen und deren Adresse er nicht selbstlos preisgeben würde.
Ein Haus der „offenen Tür“ hat er. Ihn für eine kurze ¼ Stunde zu besuchen, sich schnell einen Rat zu holen, schnell zu
fragen wie viel Daumenbreiten Spiel der Keilriemen haben muss, ist unmöglich. Auf dem Fuße folgt eine Einladung zum
gemütlichen Beisammensein. Unbemerkt hat Elfriede ein voluminöses Vesper bereitgestellt und Bier aus dem Keller geholt.
Ohne jedoch zwei, drei Gläschen seines selbst gebrannten „Blutwurz“ zu probieren „kommt den beiden keiner vom Hof.“
Eben seine zweite Leidenschaft. Willys „Bulldog-Wasser“, mit den von Thomas Bauer gezeichneten und Willi Kammerer
gestalteten, individuellen Bügelflaschenetiketten, ist eine hauseigene Verköstigung kein Problem.

Herrlich interessant, lehrreich und aufmunternd
zugleich ist es, wenn er aus seinem Leben und von
seinen Fahrzeugen erzählt. Seinem Borgwart „Hansa“,
seinem Triumph „TR 3“ oder seinen Motorrädern, einer
BSA „Golden Flash“ oder seiner Triumph 650, mit
welcher er auf der „Isle Of Man“ sogar Rennen fuhr.
Gewürzt mit allerlei deftigen Sprüchen wie: „Ein Mann,
zwei Füße - zwei Füße, zwei Schnaps“ oder „Sieben
Mann bringen keinen Bulldog kaputt, aber ein Bulldog
sieben Mann.“ Und das alles in ihrem heimeligen
Esszimmer, die Wände reich bebildert mit Erinne-rungen an Ausfahrten wie jene in die ehemaligen
Lanzwerke nach Mannheim oder seiner jährlichen
Fahrt zum „Internationalen Traktoren- und Armee-
Veteranentreffen am St. Gotthart.“ Bilder von Jubilä-
umsfahrten, Hochzeiten und vielem mehr runden eine
eindrucksvolle Chronik ab.
Auf den Regalen reihenweise Erinnerungsplaketten,
Gold- und Silberpokale von Prämierungen, denn wo

Willy Denu mit einem seiner Bulldogs zu Gast ist, bleibt ein Porsche oder Ferrari unbeachtet. Und glücklich zu sein scheint
er, dass er in uns (und nicht nur uns) würdige Gleichgesinnte gefunden hat.

Einer davon, der zweite im Bunde, ist Christian Straßburger aus
Unzhurst-Zell. KFZ- und Industriemechaniker von Beruf. Beste
Voraussetzungen also, um mit Enthusiasmus in die Oldtimerszene
einzusteigen. Nach der perfekten Restauration eines „Porsche
Standart T 217“ (mittlerweile nennt er eine ganze Porschesamm-
lung sein eigen, darunter auch einen Master) wagte er sich an ein
Exemplar der Firma Heinrich Lanz Mannheim. Bei einem hollän-
dischen Händler erstand er seinen Glühkopf. Einen Reimport aus
Kuba. Äußerlich mit einer feinen Patina überzogen, denn er stand

dem Augenschein nach von Anbeginn im Trockenen
und hatte jahrzehntelang das Gebläse einer großen
Tabaktrocknungsanlage angetrieben. Das Innenleben
seines D 9506, Baujahr 1953 allerdings, sah dem-
dementsprechend übel aus. Gebrochener Nasenkeil,
x-Mal geschweißter, verzogener Lüfterblock,
zerschlissenes Pleuellager, zerschlissener Kolben, 5
Kilogramm Schlamm im Zylinder, ein dreieckförmiges
Loch im Kurbelgehäuse. Enttäuschung, Resignation?
Anfänglich ja, aber wer den Christian kennt wird ganz
schnell eines Besseren belehrt. Bewundernswert mit
welchem Enthusiasmus, mit welcher Freude und
Begeisterung er unerschrocken ans Werk ging. 1665
Arbeitsstunden stehen zu Buche, aber was heraus-
kam kann sich mehr als sehen lassen. Mit geradezu
unwahrscheinlichem Fleiß, mit Akribie, sicherlich,
manchmal zum Leidwesen seiner Frau Birgitte, baute
er seinen Bulldog Stück für Stück wieder auf. Seinem
Wunsch entsprechend baute er ihn zu einem D 9532
mit durchgehenden Kotflügeln und Cabriodach um.
Dazu steht er selbstbewusst. Ein Hingucker ist sein
Bulldog, egal wo er auftaucht, allemal.

In Achern - Gamshurst beheimatet und dritter im Bunde ist Willi Kammerer. Eine kleine
Landwirtschaft betrieb vor einem halben Jahrhundert in meinem Heimatdorf Memprechtshofen
ein jeder. Sie war Lebensgrundlage und Lebensinhalt zugleich. Höhepunkt aber war der jährliche
Dreschtag. Aus dem Nachbarort kam Otto Hummel, ein Lohndrescher, mit seiner großen,
luftbereiften Wöhrle - Dreschmaschine. Angespannt an einen, wie konnte es anders sein, Lanz
15/30 Kühler - Verkehrsbulldog. Ein mit Draht befestigtes 90° Ofenrohrstück auf dem Auspuff
sollte verhindern, dass die austretenden Flammen des stundenlang auf Hochtouren arbeitenden

Motors unseren großen Schopf in Brand setzten.Gewöhnlich an einem Sams-
tagmorgen, gegen
½ 6 Uhr war die Nachtruhe in unserem kleinen Dorf jäh zu
Ende, denn dann begann der Bulldog zu laufen. Schon als Dreijähriger war ich
mit von der Partie und ließ mich von dieser kraftvollen Maschine gänzlich
faszinieren. Ausgangpunkt des Wunsches selbst einmal so einen Bulldog zu
besitzen und zu fahren? Es sollte noch ganze 45 Jahre dauern, bis dieser
Wunsch in Erfüllung ging. In Heinsberg, nahe Aachen stand er, der Wunsch-
traum. Ein D 1506, 55 PS, Baujahr 1950, in geradezu hervorragendem
Originalzustand. Ein Reimport aus Neuseeland, wo er Brandschneißen hatte
ziehen müssen. Nur, wie ihn die 414 km nach Hause bringen. Harald Hauß,
2. Bass im "Männerchor Hanauerland", dessen Chorleiter ich bin, von Beruf

Spediteur in Kehl am Rhein machte es möglich. Ein Sattelzug, beladen mit 13 Tonnen holländischem Leerdamer Käse und
vier Tonnen Lanz Bulldog, auf 4° Celsius gekühlt, brachte ihn an einem eisigen Novembermorgen in seine neue Heimat.
Nur 1 ½ Jahre dauerte die grundlegende Restauration unter der Leitung von Ralf Wälde und
Richard Scheidecker, den Vorsitzenden der „Schlepperfreunde Holzhausen“, deren Schriftführer
ich heute bin. Seither sind wir gern gesehener Gast ungezählter Oldtimertreffen und ist er mein
ganzer Stolz. Aber auch mein Seelentröster. Bin ich als Sonderschullehrer wieder einmal so
richtig gestresst, „down“ wie es auf neudeutsch heißt, dann öffne ich die Garage, genieße für
10 Minuten das Brummen der Heizlampe, beobachte wie die Glühnase allmählich ihre orangene
Farbe annimmt, spritze drei Mal ein, pendle die Anwurfscheibe ein Mal sachte hin und her, sehe
erste weiße Ringe dem Auspuff entsteigen, rieche dass sich Rapsöl im Tank befindet und dann
genügt ein einziger schwungvoller Dreh gegen die Richtung des Uhrzeigers, ehe er mit seinem
kraftvollen Sound ganz ruhig zu laufen beginnt. Eine kleine Ausfahrt, eine „Kehr“, wie man bei uns sagt, genügt und du bist wie neu geboren. Stets begleitet von meiner ebenso vom Lanzbulldog begeisterten Frau Klärle, wenn diese nicht selbst mit ihrem restaurierten Volldiesel D 2416 unterwegs ist. Ganz abgesehen von unserem D 1616, den mein Vater im Jahr 1957 als zweiten Schlepper im Dorf überhaupt kaufte, der sich immer noch in Familienbesitz befindet.
Das begehrteste Geschenk für meine Freunde aber ist seit Jahren ein Gutschein zu einer Halbtagesfahrt mit dem Glühkopf
zu einem Ziel ihrer Wahl, im Umkreis von 50 km.
Die Liebe zum Lanz - Glühkopf - Bulldog war es, die uns drei vor Jahren zusammenführte, uns heute noch verbindet und zu Freunden werden ließ. Eine gehörige Portion Eigeninteresse ist schon dabei, wenn wir gemeinsam unterwegs sind und der unüberhörbar typische, dumpfe, tiefe, kraftvoll tönende, durch Mark und Bein gehende Klang des 10.333 cm³ Hubraum fassenden, liegenden Einzylinders Passanten begeistert, sie an ihre Hoftore gerannt kommen, uns begeistert zuwinken, uns sogar anhalten, um ein Foto zu machen. Herrlich auch zu erleben, wenn uns bei Ausstellungen betagte Männer mit funkelnden Augen begeistert ihre Erinnerungen erzählend ansprechen, die einst selbst einen Lanzbulldog gefahren haben. Eingesetzt in der Landwirtschaft oder vornehmlich als Vorläufer der heutigen Lastkraftwagen im Güterfernverkehr. Wie sie noch einmal den Führerstand besteigen wollen, um ganz hautnah das stete hin und her Wippen des Bulldogs zu genießen, die 180 Standgasumdrehungen des Bulldogs mitzuzählen und den weißen, dem Auspuff entsteigenden Ringen nachzuschauen, um ganz erstaunt von uns hören, dass wir nicht mehr Teeröl, Schieferöl oder Schweröl getankt haben, wie es originale Betriebsanleitungen vorschlagen, sondern Biodiesel, Rapsöl oder reines Pflanzenöl, denn das mögen unsere Bulldogs am liebsten. Maschinen, die noch vor einer Generation achtlos in Schuppen oder gar im Freien unbeachtet vor sich hin rosteten,
später mit dem Schweißbrenner zerlegt, als Schrott verkauft wurden, haben wir zu neuem Leben erweckt.
Allerdings: Lanz Bulldog muss man fahren wollen. Unbändig ist er, grob und nicht zu vergleichen mit dem Komfort heutiger, zum Teil auch damaliger Traktoren. Was wir drei heute in unserer Freizeit genießen, war für Männer früherer Generationen eine geradezu ungeheure körperliche Belastung. An diese Männer denken wir auch, wenn wir nach einer längeren gemeinsamen Ausfahrt gemütlich zusammen sitzen und ganz schön ermattet einen erlebnisreichen Tag ausklingen lassen.

Willi Kammerer

Hier alle 3 auf einen Blick, zusammen mit Kurt Häfner und seiner Ehefrau.
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